Durchführung von
- Alexander Bong
Alle reden vom digitalen Zwilling – wir machen ihn besser. Denn das Bau- und Vermessungswesen unterliegen grundsätzlich einem hohen Innovationsdruck, zum Beispiel, weil es umweltfreundlicher ist, im vorhandenen Gebäudebestand zu bauen, als neue Flächen zu versiegeln. Oder, damit Planungs- und Bauprozesse mittels Digitalisierung so produktiv werden, dass sie den Fachkräftemangel zumindest teilweise kompensieren können.
Die Digitalisierung der Bauwirtschaft ist eng mit dem „Building Information Modeling (BIM) verknüpft. BIM bezeichnet eine kooperative Arbeitsmethodik, mit der auf der Grundlage digitaler Modelle eines Bauwerks die für seinen Lebenszyklus relevanten Informationen und Daten konsistent erfasst, verwaltet und in einer transparenten Kommunikation zwischen den Beteiligten ausgetauscht oder für die weitere Bearbeitung übergeben werden. […] Kern der Methode ist die Erstellung von digitalen dreidimensionalen Bauwerksmodellen.“ [BMDV, 2016]. Allerdings wird BIM derzeit vor allem in der Entwurfs- und Ausführungsplanung von Neubauten eingesetzt, seltener während der Bauausführung und noch seltener als Grundlage für das Betriebsmodell – also den operationellen digitalen Zwilling eines Bauwerkes. Ein Grund hierfür ist, dass die Modellanpassung an die tatsächlich gebaute Realität sehr aufwendig ist.
Im Promotionsvorhaben „Fit BIM2Scan“ werden Algorithmen und Datenmodelle entwickelt, die in zwei Szenarien zur Anwendung kommen können. Im ersten Szenario werden hochpräzise 3D-Punktwolken dazu eingesetzt werden, die virtuelle Modellgeometrie (BIM) zu aktualisieren. Das digitale Planungsmodel (as-planned) wird kontinuierlich an die Situation auf der Baustelle (as-built) adaptiert. Dadurch werden Abweichungen bei der Bauausführung erkannt und direkt in den digitalen Zwilling der Baustelle übernommen – mit dem Ziel, dass Folgefehler bei der Bauausführung vermieden werden. Ein zweites Szenario greift früher und adressiert das „Bauen im Bestand“. In frühen Planungsphasen ist eine hochgenaue Vermessung des dreidimensionalen Gebäudebestandes nicht immer erforderlich. Für die Vorplanung und Kostenschätzung oder erste architektonische Entwürfe reichen vereinfachte Bauwerksmodelle (BIM) zunächst aus. Wenn die Entwurfs- und Ausführungsplanung dann voranschreitet, können hochpräzise 3D-Punktwolken dazu eingesetzt werden, virtuelle Bestandsmodell (as-is) sukzessive zu verdichten und zu präzisieren.
Aus wissenschaftlicher Sicht, baut das Forschungsvorhaben methodische Brücken zwischen dem Bauwesen/Bauinformatik und dem Vermessungswesen/Ingenieurgeodäsie. Die digitalen Bauwerksmodelle der Bauinformatik zeichnen sich durch komplexe Modelle für die Repräsentation von Geometrie und Topologie der Bauwerke aus. Allerdings kommen die Konzepte der Stochastik, wie Genauigkeit oder Testverfahren bei BIM nur selten zum Einsatz. Werden die methodischen Elemente der Ingenieurgeodäsie (Raumbezug, Messtechnik, Genauigkeit/Zuverlässigkeit, Qualitätskontrolle) im Kontext des digitalen Planens und Bauens eingesetzt, ist dies von hoher wissenschaftlicher und praktischer Relevanz.