Durchführung von
- Conny Kölbel
Bisherige Analysen zur zukünftigen Entwicklung des deutschen Gartenbaus sind meist Auswertungen bestehender Statistiken, die mit qualitativen Zukunftsaussagen und Handlungsempfehlungen ergänzt sind. Solche Analysen können mit Modellrechnungen vertieft werden, indem Erkenntnisse über Zusammenhänge und Entwicklungen von Unternehmen aus empirischen Daten einfließen. Der Betriebsvergleich am Zentrum für Betriebswirtschaft im Gartenbau e.V. (ZBG) dokumentiert mit den langjährigen einzelbetrieblichen Jahresabschluss- und Strukturdaten gartenbaulicher Unternehmen den Strukturwandel im Sektor.
Ziel der Arbeit war es, auf der Grundlage der Daten des Betriebsvergleichs ein quantitatives Modell zur Abschätzung der ökonomischen Entwicklung von Gartenbauunternehmen am Beispiel des Gemüsebaus zu entwickeln. Die Besonderheit besteht darin, die Heterogenität gartenbaulicher Betriebe im Modell zu berücksichtigen.
Zur Analyse möglichst homogener Betriebsgruppen wurden Modelle für den spezialisierten Freiland- und Unterglasgemüsebau mit indirektem Absatz konzipiert. Im ersten Schritt wurden die wichtigsten Einflussfaktoren auf die betriebliche Entwicklung aus der Datenbasis (1997-2007) selektiert und mit externen quantitativen Rahmenbedingungen ergänzt. Hypothesen über Wechselwirkungen dieser Faktoren wurden dann mit statistischen Verfahren und Kalkulationsunterlagen überprüft und quantifiziert, so dass die Faktoren zu einem Betriebsmodell verknüpft werden konnten. Das konzipierte etriebsmodell berechnetjährlich Jahresabschluss- und Strukturdaten sowie betriebswirtschaftliche Kennzahlen für einen Betrieb. Zur Erhöhung der Eigendynamik des Modells dienen die Ergebnisse eines Prognosejahres als Input im folgenden Prognosejahr. Zur Berücksichtigung sehr unterschiedlicher wirtschaftlicher Strukturen in einem Sektor durchlaufen mehrere Betriebe, die je nach Fragestellung ausgewählt werden, das Modell. Für alle Betriebe einer Modellanwendung legt der Anwender einmalig externe Rahmenbedingungen für den Prognosezeitraum und geeignete Anpassungsstrategien fest. Die Ergebnisse unterschiedlicher Szenarien können dann miteinander verglichen werden.
Betriebsmodelle erlauben im Gegensatz zu höher aggregierten Modellen die direkte Beschreibung betrieblicher Entwicklungspfade. Dabei fehlen Rückkopplungen über die Märkte. Fehlende Informationen zu den individuellen Rahmenbedingungen und Produktionsverfahren in den anonymen Daten des ZBG als auch individuelle unternehmerische Ziele, die nicht immer rational sind, erschweren die Interpretation unterschiedlicher Entwicklungen in einem Sektor. Die Gültigkeit einzelner Funktionen im Modell beschränkt sich auf den Wertebereich der untersuchten Datenbasis, da Werte außerhalb dieses Bereichs zu Verzerrungen der Ergebnisse führen können. Zur Vermeidung hoch kumulierter Prognosefehler sollte ein mittelfristiger Prognosezeitraum nicht überschritten werden. Für einzelne Betriebe konnte eine gute Übereinstimmung zwischen den berechneten und den tatsächlichen Werten in einem Zeitraum von sieben Jahren erreicht werden. Beispielrechnungen verdeutlichen die Anwendbarkeit des Modells auf aktuelle ökonomische Fragestellungen. Schließlich zeigen die Modellergebnisse, dass Jahresabschlussdaten zur Simulation der wirtschaftlichen Entwicklung von Gartenbaubetrieben mit Anpassungsstrategien auf einer abstrakten Ebenen geeignet sind.